Dienstag, 15. Juli 2014

Der Buchblog nebenan I


Hotlistblog
Der Hotlistblog

Der Hotlistblog erwuchs aus dem Hotlistpreis, der alljährlich an Autoren und Werke aus unabhängigen Verlagen verliehen wird. Hier kümmern sich zwei emsige Korrespondenten,  mit Sitz in Wien und Berlin und liefern stetig frische Besprechungen aus dem deutschsprachigen Raum.  Ich ermuntere Sie hier, sich ein "Buchzeichen" dazu anzulegen. Oftmals sind die Verlagstexte abgedruckt, aber immer wieder gibt es die Stimme von Senta Wagner oder Meinolf Reul selbst, und das gefällt mir natürlich am besten.

Zwei jüngste Beispiele, die zur Diskussion anregen:

Kurt Wolff Stiftung

litprom
"... hier die drei weiteren Titel aus der Sommerausgabe der litprom-Bestenliste „Weltempfänger”, auch wenn die Bücher nicht aus Independent-Verlagen kommen (Hanser ist unabhängig, hat aber eine eigene Verlagsgruppe gebildet, zu der Hanser Berlin, Hanser Kinderbuch, Hanser Fachbuch, Nagel & Kimche, Deuticke, Zsolnay, Sanssouci, Fachbuchverlag Leipzig u. a. gehören, und liegt mit einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro um 45 Millionen Euro über der Grenze, die die Kurt Wolff Stiftung als Maximum für eine Mitgliedschaft festlegt, s. hier [*]).

Die Diskussion, was ein Independent-Verlag ist und eine genaue begriffliche Definition stehen noch aus. Vorerst genügt es vielleicht im Kopf zu behalten, dass die Bezeichnung in Anlehnung an unabhängige Plattenlabels, eben Indie-Labels, entstanden ist, in Abgrenzung zu den Major Labels.

Der Wikipedia-Artikel, wenngleich veraltet, erwähnt ganz richtig, dass Imprints keine unabhängigen Verlage sein können. Bei Verlagen wie METROLIT könnte man schon mal durcheinanderkommen. / mr"  [* weitere Links im Originalbeitrag]

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Edition Meerauge

"Was könnte ein Meerauge bloß sein? Es hat bestimmt was mit Magie und Farbe zu tun, mit Legenden und Eiszeit. Tatsächlich wurden gleich zwei Meeraugen entdeckt: ein kleines Gewässer im Bodental in den Karawanken und ein Gletschersee in Polen in der Hohen Tatra. Ein weiterer staunenswerter Fund ist die Edition Meerauge aus Klagenfurt, die bibliophile Reihe für zeitgenössische Literatur im geschichtsträchtigen Verlag Johannes Heyn, gegründet 2010. “Bücher wie Meeraugen”, die gibt es dort, bestimmt so tiefgründig, selten und schillernd wie die obigen Naturwunder. Das Programm ist also überschaubar, bewegt sich im Prosabereich. Im Frühjahr erschien ein Titel, gleichzeitig bereits das vierte Meerauge der österreichischen Schriftstellerin Simone Schönett. Ihr Roman Der Private Abendtisch wird als “literarischer Glücksfall” bezeichnet, die Gestaltung ist hingebungsvoll. / sw"

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Buch und Gespräch
Es gibt auf dem Hotlistblog eine Kommentartaste, aber bei mir sprach sie jedenfalls nicht an, und insgesamt scheint die Konversationskunst in unserem Land der einstmals großen Literarischen Salons zu darben, wenn man mal im Vergleich die Kommentare bei The Guardian liest (heute beispielsweise zum Tod von Nadine Gordimer).

Weswegen ich hier überhaupt den Gastbeitrag einschiebe ist, weil mich der fleissig zusammengestellte Beitrag "Schlaf etc." vom 12. Juli dazu angeregt hat.

"Im Hotlistblog geht es – was meinen Part betrifft – in Kürze weiter mit einer kleinen Serie zum Themenbereich Schlaf, Müdigkeit, Faulheit, Nichtarbeit, Muße.", wie mr am 7. Juli ankündigte, und das Thema liegt mir.

***

Jean-Luc Nancy, Vom Schlaf

Entgegen der Thematik haben hier drei Schriftsteller fleißig nachdeacht und auch mein Hirn beginnt geschäftig zu surren. Dieses "Fallen" bei Jean-Luc Nancy ... Da werden so viele Facetten angesprochen und Ausdruckstiefen. Es kann Resignation gepaart mit Protest darin liegen, oder ein Zusammensacken, oder eine Demonstration wie bei Reinhard Mai: "Wie ein Baum, den man fällt, eine Ähre im Feld - ich will im Stehen ster-her-ben". Viktor von Weizsäcker schrieb von der Arbeit, die das Schlafen eigentlich verrichtet. Es ist ein physischer Vorgang. Man liegt ja nicht einfach so herum. Na, ich hätte schon Lust, bei Nancy hineinzulesen ...

Byung-Chul Han, Müdigkeitsgesellschaft

Das ist diese Reihe bei Matthes  Seitz die dem modischen Trend erlegen ist - oder hat sie ihn vielleicht gesetzt? - Autorennamen und Titel in fetten Blockbuchstaben um die Ränder herum zu schreiben, so dass man erstmal eine Weile mit dem Entziffern zugange ist. Hm. Aber die Reihe selbst hat es in sich. "Food for thought" sagt der Engländer. Ich habe den Verlagstext zwei-, dreimal gelesen und bin etwas begriffs-stutzig geblieben und es weht ein Hauch der intellektuellen Siebziger, wie ihn damals die pinke Reihe von Rowohlt oder die stw-Reihe ausströmte. Man kann sich damit schmücken, oder man muss richtig ran und sich durchbeissen und daran arbeiten, bis man kapiert. Mir geht's jedenfalls so. Ist mit dem "Übermaß an Positivität" die Sattheit gemeint, der saturierte Bürger? Wie kommen Positivität und Depression in einen Hut? Ist es Überdruss?

Wie auch immer, so, wie ich angelegt bin, würde ich doch eher zum dritten besprochenen Buch greifen:

Paul Lafargue, Das Recht auf Faulheit

Ja! Unbedingt! Eins meiner Ansichten in diesen Zeiten ist, dass die Welt so voller Macher ist, die dermaßen viel kaputtmachen, dass es nur gut ist, wenn es Menschen gibt, die garnichts tun, einfach nur wesen, sozusagen. Und Lafargue betont dass mit Faulheit nicht Muße gemeint ist. Toady in Der Wind in den Weiden, mein ich, ist so ein Vertreter, der über genügend Mittel und Muße verfügt, um die verrücktesten Flausen auszuleben mit bekanntlich desaströsen Folgen, und das ist noch die unterhaltsame Variante. Oblomow dagegen, schenkt uns den wunderbaren Traum und einen dicken herrlichen Roman. Dieses Buch ist eine Genugtuung für mich selbst, die ich als Kind und Heranwachsende unter dem Vorwurf der Faulheit heranwuchs. Ich weiss also von der verborgenen Welt die sich in der Faulheit verschließt, und sie ist mannigfaltig. Es wäre also das Thema auch im Zusammenhang mit dem Heranwachsen zu betrachten und sozio-historisch auf Jugend in Deutschland. Hartmut von Hentig hat da beispielsweise Ansätze, die es zu diskutieren gäbe.

Jetzt frage ich mich, ob einer hier inzwischen eines der Bücher gelesen hat. Der Hotlistblog weckt jedenfalls Lust, und dafür sage ich Danke.

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